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Dienstag, 15. Juni 2010

Barry Obama - wie ich die Ölpest sehe.

Es ist jetzt rund acht Wochen her, da brannte die "Deepwater Horizon", eine Ölplattform im Golf von Mexiko, die in rund zweitausend Metern Tiefe ein Ölfeld angebohrt hat. Als Ergebnis wurde das Bohrlock leck, und seitdem fließt das Rohöl, das unter hohem Eigendruck stehen muss, unkontrolliert ins Meer.

Was ist passiert? Warum durfte BP da überhaupt auf diese riskante Art und Weise bohren lassen? Die Antwort ist simpel: Es geht um Geld. Sehr, sehr viel Geld. Das Öl, das jetzt ungenutzt ins Meer fließt, ist natürlich nur ein Bruchteil dessen, was bei den, wie mir scheint, technisch unausgereiften Bohrungen gefördert wird. Und dennoch soll der andere Bruchteil, den BP mittlerweile abfangen und auf ein Schiff pumpen kann, einen ordentlichen Profit erbringen, mit dem Reparationen bezahlt werden sollen. Daran kann man erkennen, mit welcher Größenordnung an Profit hier gespielt wird. Daran kann man erkennen, um welche Mengen es geht, um welche Summen.
Was mich an der ganzen Geschichte aufregt, ist nicht unbedingt der Druck, den Ölkonzerne von Weltformat auf Barack Obama ausgeübt haben, um in der Tiefsee bohren zu dürfen. Nicht unbedingt die Verwässerung der Sicherheitsbestimmungen, die zwar Geld sparen, aber letztendlich zu dieser Katastrophe geführt hat. Nicht der Druck, den besagte Konzerne über ihre Lobby in Washington weiter ausüben, um zum Beispiel die unpopulären Bohrungen im Norden Alaskas mitten in einem Naturschutzgebiet fortführen zu können.
Nein, es ist Obama selbst. Und um das von vorne herein richtig zu stellen: Es regt mich auf, wie mit ihm umgegangen wird.

Natürlich, der erste schwarze Präsident der USA hat viel versprochen, und einige seiner Kernpunkte nicht eingehalten. Natürlich, von ihm wurden mehr Wunder erwartet als vom Messias selbst, und versucht dem mal gerecht zu werden.
Aber er selbst hat gesagt, dass die nächsten vier, vielleicht acht Jahre kein Zuckerschlecken werden, sondern dass das Land sich durch die Krise kämpfen muss. Dafür hat er Weichen gestellt, Zugeständnisse gemacht und hart gearbeitet.
Seinen Erfolg mit der Gesundheitsreform, gegen die Republikaner und ihnen nahe stehende Medien erfolglos gehetzt haben, kann man gar nicht hoch genug bewerten. Und auch seine bisher erfolglosen Versuche, das Guantanamo-Gefängnis zu schließen, scheitern nicht an seinem Willen, sondern an der mangelnden Fähigkeit der USA, für ihre eigenen Fehler gerade zu stehen und für die seit Jahren inhaftierten Terrorverdächtigen die Verantwortung zu übernehmen. Oder ihnen den Prozess zu machen, um ihre Schuld oder Unschuld zu beweisen.
Vor nicht allzu langer Zeit, als ein gewisser George Bush Jr. an der Macht war, hat sich die USA noch als Weltpolizei aufgespielt. Als Führer der freien Welt, als Vorreiter im Kampf gegen den Terrorismus, als sakrale Figur, die alles darf, der man aber nichts vorwerfen durfte. Zwei Kriege sind das Erbe dieser Zeit, dazu enormer Einfluss der Industrie-Lobbys in Washington, darunter auch die Öl-Industrie, deren einziges Rezept gegen den höheren Ölverbrauch in den USA und den Schwellenländern ist, einfach mehr Öl zu fördern.
Barack Obama hat sich in dieses Wespennest gesetzt, hat versucht, das Beste daraus zu machen. Ehrlich gesagt hat er mehr erreicht, als ich von ihm erwartet habe. Und dabei ist nicht mal die Hälfte seiner Amtszeit um. Natürlich genügt das noch nicht, natürlich hat er noch mehr versprochen. Und, das dürfen wir nicht vergessen, so schön ein Mann mit weißen und schwarzen Wurzeln im Amt des US-Präsidenten auch ist - er ist nicht unser Präsident, sondern der eines befreundeten Staates, der noch immer Militärbasen in unserem Land unterhält.
Aber dennoch, gegenüber der Russlandfeindlichen, provokanten Politik eines George Bush Jr. ist das eine schöne Abwechslung. Auch wenn er nicht UNSER Präsident ist, so ist das Leben mit ihm doch wesentlich leichter als mit den verknöcherten Republikanern. Er hat uns Vorteile gebracht, und das weiß ich zu schätzen.
Summa summarum: Ich hätte ihn gewählt, und ich würde ihn wieder wählen. Und ich ärgere mich jedesmal fürchterlich, wenn wieder mal eine Meldung über den großen Teich schwappt, in der berichtet wird, wie infam z.B. Fox die Berichte über ihn und gegen seine Politik manipuliert. Als Beispiel nenne ich hier mal die Hetze gegen die Gesundheitsreform. Oder das Westpoint-Video, aus dem Fox den Applaus der Kadetten raus geschnitten hatte, um Mr. President schlecht aussehen zu lassen.
Wie gesagt, ich würde ihn wieder wählen. Vor allem wenn ich mir Übermutter Merkel und Westerweller so anschaue... Brrr.

Aber kommen wir nach Deutschland. Kommen wir direkt zum Geschehen. Kommen wir zu Meldungen, z.B. auf tagesschau.de, mit denen ich ein wenig auf Kriegsfuß bin, nachdem sie unsauber, tendenziös und teilweise bewusst falsch über den Konflikt in Bangkok berichtet haben. Kommen wir zu den Kommentatoren dieser Meldungen. Kommen wir zu Deutschen, die es sich nicht nehmen lassen, Barack Obama in einem schlechtestmöglichen Licht darzustellen. Kommen wir zu Leuten, die ihre Posts mit Sätzen beginnen wie: "Habt Ihr immer noch nicht gemerkt, was für ein Schwein er ist?" Oder: "Jetzt seht Ihr sein wahres Gesicht!" Auch beliebt: "Der lügt und betrügt doch wo er geht." Auch ganz nett: "Er hat nichts gehalten, was er versprochen hat!"
...sacken lassen.

Meine lieben Damen und Herren Kommentatoren in deutschen Foren. Es gibt einige Dinge, die ich nicht mag, ja, bei denen ich mich mitunter zur Benutzung des Wortes Ärger verleiten lasse. Dazu gehören unhaltbare Vorwürfe, Tatsachenverdrehung und Lobbyismus für eine politische Partei, die acht Jahre an der Macht in den USA nur Fehlschläge produziert hat.
Oder um es mal einfacher für Euch auszudrücken: Barack Obama ist NICHT Jesus. Ihr braucht ihn nicht ans nächste Kreuz zu nageln.
Natürlich ist er nicht perfekt. Natürlich hat er viele seiner Versprechen noch nicht gehalten, bzw. wegen des Lobbyismus und der Blockadepolitik der Republikaner nicht halten können. Natürlich hat er noch einen weiten Weg vor sich. Aber er macht seinen Job. Er versucht, sie alle an einen Tisch zu bringen, Kompromisse zu finden, alle zu berücksichtigen.
In der derzeitigen Ölkrise war er viermal am Golf, reißt BP den Arsch auf und hat allen Betroffenen direkte, unbürokratische Unterstützung versprochen. Er hat Küstenschutzmaßnahmen in die Wege geleitet und unterstützt die Notfallprozeduren. Er arbeitet. Ich persönlich finde, dass er einen tollen Job macht, gerade als Krisenmanager.
Ich sage jetzt nicht, dass Ihr, die Kritiker, fortan aufhören sollt, auf ihm herum zu hacken, ihn als Gefahr darzustellen, als Lügner, als Verbrecher gar, oder als Lobbyisten. Nein, macht nur weiter. Sicher steckt auch überall ein Körnchen Wahrheit drin, das Ihr nur etwas zu sehr aufgeplustert habt. Macht einfach weiter wie bisher, denn ich verfalle nicht in den Fehler, von Barack Obama, Präsident der USA, Wunder zu erwarten. Ich kann das also wütend, aber mit einem ärgerlichen Schnauben lesen.
Aber ernst nehmen, Euch ernst nehmen, das kann ich nicht mehr. Und das ist einzig und allein Eure Schuld. Wer sich selbst von der Ernsthaftigkeit disqualifiziert, verwirkt das Recht auf sie. In diesem Fall ist das auch gut so.

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