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Dienstag, 17. August 2010

Google Streetview - die warmgeschossenen Medien reiten die nächste Attacke

Ehrlich gesagt, ich bin irritiert. Ich habe nichts gegen Google, und benutze die Gratisdienste wie Google Suche, Maps, Routenplaner und Picture sehr gerne. Ich habe auch nichts dagegen, dass Google direkt auf mich verlinkt, wenn der Suchbegriff "Ace Kaiser" eingegeben wird. Und ich habe auch keine Probleme damit, dass Google mit daneben geschalteter Werbung Geld verdient.

Dem Streetview-Projekt stehe ich gelassen gegenüber. Ich habe mir neulich ein wenig Paris angesehen und war verärgert - weil ich zwar zum Eiffelturm gehen konnte, aber nicht drunter durch, um meine zwanzig Jahre alten Erinnerungen aufzufrischen.
Sehr erstaunt war ich auch über die 6 vor 9-Rubrik auf dem Bildblog. Dort wird auf einen Artikel über Sidewalk verlinkt, einen Internet-Dienst, der die virtuelle Städtereise bereits anbietet, allerdings in einer weniger begehbaren Version. Dennoch, das Grundprinzip ist das Gleiche: Von öffentlich zugänglichen Bereichen wurden Fotos der Straßen und Fassaden gemacht. Und dies aus einer Höhe, die auch ein Busreisender einsehen kann. Das ist alles so schrecklich legal, dass man sich fragen muss: Geht es überhaupt um Datenschutz, geht es überhaupt um Privatsphäre? Oder ist das nur ein kleiner Sturmangriff von vielen, um Googles Kontos sturmreif zu schießen und den Konzern dazu zu zwingen, Leistungen zu bezahlen, die er gar nicht beansprucht? Dieses moderne Raubrittertum unter dem Deckmantel der Aufklärung stößt mir sehr sauer auf.

Niedlich auch, was die HAZ heute schreibt. Demnach hat Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner verlauten lassen, 200.000 Bundesbürger seien gegen Google Streetview.
Liebe Frau Aigner, heißt das, dass der fünfte Teil einer Million aller Bundesbürger Protest eingelegt hat? Moment, wir sind zweiundachtzig Millionen, und die Diskussion gegen Google dauert nun schon rund ein halbes Jahr. Das bedeutet, die Printmedien und das Nicht-Verbraucherschutzministerium von Frau Aigner haben es in dieser Zeit lediglich geschafft 200.000 Bundesbürger zu aktivieren? Das sind Null Komma zwei vier drei neun Prozent der Bevölkerung. Da war ja die Impfaktion gegen das H1N1-Virus erfolgreicher.

Das Problem bei der Sache ist, wie gesagt, dass Google vollkommen legal im rechtlichen Rahmen der BRD handelt. Alles, was der Konzern bisher angeboten hat, zum Beispiel die Verpixelung von Häusern, ist freiwillig. Und es gibt längst andere Anbieter, die einen solchen Dienst anbieten, aber nicht im Mindesten dafür hysterisch aufs Schaffott gebrüllt werden.
Die einzige Möglichkeit, Google Einhalt zu gebieten, wäre ein Gesetz. Und das würde nicht nur die anderen Anbieter treffen, sondern auch eine Zensur bedeuten. Eine Zensur am privaten Bild von öffentlichen Bereichen. Es ist nicht unmöglich, dass Touristen das Fotographieren verboten wird, um eben dieses Recht durchzusetzen.
In einigen amerikanischen Staaten dürfen Waffenbesitzer auf Verdacht ihr Leben verteidigen, bzw. zuerst schießen, solange sie auf ihrem eigenen Grundstück sind. Damit sind sie vollkommen im Recht. In Deutschland können Anwohner dann wohl von einer Horde japanischer Touristen verlangen, alle Bilder zu löschen, auf denen das eigene Haus zu sehen ist - beziehungsweise von vorne herein verbieten.
Es ist nicht abzusehen, wohin uns diese Hysterie führen wird, und was sie uns nehmen wird. Wie gesagt, Google bleibt absolut im legalen Rahmen. Der kann nur verschärft werden.
Ob Deutschland das will, ist aber sehr fraglich, denn Neunundneunzig Komma Sieben Fünf sechs eins Prozent der deutschen Bevölkerung hat sich bis heute nicht gegen Google ausgesprochen. Eine, wie ich finde, überwältigende Mehrheit.

Fazit:
Sollte jetzt jemand kommen und bei mir einen Kommentar posten wie: Und was ist wenn sie Dein Zuhause fotographieren und ins Netz stellen?, dann werde ich ihm antworten: Scheiße, die Fassade kann doch sowieso jeder sehen! Wenn wirklich jemand die Front meines Zuhauses als Erinnerung fotographieren will, fühle ich mich geehrt, aber nicht ausgenommen, erpresst und dem organisierten Verbrechen ausgeliefert.
Und sollte jemand fragen: Hast du gar keine Angst, dass die dich bei der Gartenarbeit zeigen, oder wenn du dich sonnen willst?, dann werde ich sehr irritiert antworten: Wie soll Google das denn zeigen können? Das sind Fotos, keine Live-Bilder. Meint ihr etwa, Google wartet mit den Fotos so lange, bis ich mich sonnen will?
Und wenn zuguterletzt jemand mit dem Totschlag-Argument kommt: Aber Einbrecher können doch dann dein Zuhause einsehen und sich die beste Stelle für einen Bruch aussuchen, oder?, dann werde ich mir ein Lachen verkneifen müssen. Denn erstens dürften Einbrecher durch die plötzliche Reizüberflutung mit potentiellen Opfern auf Google-Bildern heillos überfordert sein, zweitens hätte unsere *hust* unvoreingenommene Presse längst drüber berichtet, wenn in den bereits aufgenommenen Städten wie London und Paris Einbrecher per Streetview ihren Bruch vorbereitet hätten, und drittens schützt ein verpixeltes Haus nicht vor Einbruch. Im Gegenteil, wäre ich Einbrecher, würden verpixelte Häuser eher mein Interesse erwecken. Die haben was zu verbergen. Abgesehen davon dürften nur absolute Amateure so arbeiten. Alle anderen, die Profis, brauchen keine Fotos für einen Einbruch. Die brauchen nur maximal eine halbe Stunde Zeit. Und gegen die hilft nur ein gutes Sicherheitskonzept, aber sicher kein Einspruch bei Google.
Also, liebe Medienlandschaft, frag doch mal in Paris nach, ob die Einbrecherszene dort dank Streetview gerade boomt. Glauben kann ich es allerdings nicht.
Alles nur künstlich aufgebauschte Hysterie. Der aber nur ein Viertel Prozent der Bevölkerung auf den Leim geht. Und das ist irgendwie sehr beruhigend.

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