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Dienstag, 26. April 2011

Auf dem Weg zu sich selbst.

Mein heutiger Blog-Eintrag wird meinen Stammlesern vielleicht etwas merkwürdig erscheinen. Eventuell auch nicht, Ihr seid ja einiges von mir gewohnt. Dennoch mute ich Euch heute doch einiges zu. Religiöses, psychedelisches, Zen...

Es beginnt alles mit einer Geschichte. Meiner Geschichte der letzten Wochen.
Ich fange mal beim Wichtigsten an. Ich fahre seit ein paar Jahren einen Golf III GT in der Sport-Edition. Nicht unbedingt weil ich den Wagen so supertoll finde. Aber solange er noch gute Substanz hat, ich ihn durch den TÜV kriege und er rollt, werde ich ihn wohl behalten, bis das der TÜV uns scheidet.
Hier beginnt mein Problem. Er rollt nicht mehr. Beziehungsweise rollte.
Was ist geschehen? Nun, er blieb stehen und machte keinen Mucks mehr. Und ich war ehrlich, ehrlich am Boden zerstört. Ich habe mich ernsthaft gefragt: Gott, warum prüfst du mich so?
Okay, ich gebe zu, das war anmaßend. In Japan geschieht die größte Katastrophe, die dieses Land je heim gesucht hat, die Menschen werden auf dreißig Jahre mit der größeren atomaren Bedrohung leben lernen müssen, und ich jammere herum wegen meinem havarierten Wagen. Um diesen Part abzuschließen - er rollt wieder. Vergaserkopf abgerissen. Aber bis zu diesem Punkt war es ein langer, weiter Weg. Ein schwerer Weg.
Nun habe ich von Autos keine Ahnung. Und nachdem ich die Horrorsumme von über tausend Euros investieren musste, um ihn durch den TÜV zu kriegen, auch nicht wirklich Lust darauf, noch viel mehr rein zu stecken. Ein neues Auto für zwischendurch war im Gespräch, und schließlich hat sich jemand den Wagen angesehen, der sich mit sowas auskennt. Anschließend auch noch mein Bruder. Und ein anderer Bekannter, der mir aus einem ausgeschlachteten Wagen ein Ersatzteil besorgt hat. Und eine Abschleppöse, die ich vor ewigen Zeiten aus dem Wagen befördert hatte. Bis ich sie mal brauchte. Wie gesagt, er rollt wieder. Auch wenn noch nicht alle Fehler gefunden wurden, auch wenn ich noch etwas investieren muss.
Der Punkt an dieser Geschichte hat zwei erzählenswerte Aspekte. Der erste Aspekt ist, dass meine ganze Familie mir sofort vorbehaltlos zur Seite stand, was mich nicht überrascht, aber doch sehr beruhigt hat.
Der zweite Aspekt war die Tatsache, dass eine Zeitlang ein Übergangswagen im Gespräch war, für den sich der Freund meiner Schwester umsehen wollte. Nun arbeite ich nicht gerade in Hannover, sondern nur drei Kilometer Luftlinie durch die Leinemasch entfernt in Rheden, einem Nachbarort meiner Samtgemeinde. Das wollte ich mit dem Bus bewältigen... Der fuhr nur leider nicht. Also kam ich auf den Gedanken, die Strecke zu Fuß zu bewältigen, da ich dummerweise vor Jahren mein Fahrrad verschrottet hatte, anstatt weiter darauf zu pokern, dass der Bus wider Erwarten den Fahrplan einhält... Na ja, ich gebe zu, ich bin immer noch zu dick und wollte mir was Gutes tun. An vier Tagen marschierte ich also wirklich diese Strecke, am frühen Morgen. Am ersten Tag bei beißendem Wind und Nieselregen, doch schon am zweiten Tag im Sonnenschein, und am letzten Tag bei einem Wetter, das so früh am Morgen schon fast zu heiß war. Abends holte mich mein Bruder ab; zum Hinfahren fängt er zu früh an, aber er hat nicht gezögert, mich zu holen.

Es war in der Leinemasch, bei meinem selbst auferlegten Fußmarsch (der mir bis auf eine leichte Zerrung im rechten Bein gut bekommen ist - ich mache definitiv zu wenig Sport), als die Sonne schien, die Insekten schwirrten, ich im Selbstmitleid schwelgte, die Welt anklagte weil sie wieder mal mich heraus gepickt hatte, als mir wieder dieser Gedanke kam: Gott, warum prüfst du mich?
In diesem Moment kam mir eine Erkenntnis. Es war eine Prüfung. Es war nicht nur ein realer Weg, den ich zu gehen hatte, den ich nun ging. Es war auch ein Weg der Erkenntnis. Ein Weg der Erkenntnis über mich selbst, über meine Gedanken, über mein eigenes Herz, über meinen Charakter. Ich ging diesen Weg zweifach. Einmal körperlich, und einmal geistig. Es mit dem Marsch auf dem Jakobsweg zu vergleichen wäre arrogant. Aber auf diesem Marsch, jene wenigen Kilometer, über die ich zu Bundeswehrzeiten noch gelacht hätte, bewies ich mir selbst was ich leisten konnte wenn ich es von mir forderte. Bewies ich mir selbst, das ich mir selbst gesteckte Ziele erreichen konnte. Bewies ich mir selbst, wer ich war. So gesehen möchte ich diese Erfahrung nicht mehr missen.
Letztendlich war es eine eher kleine Prüfung, der ich mich stellen musste. Sie ist noch nicht ganz vorbei, aber ich stehe sie durch bis zum Ende. Bis mein Wagen wieder fehlerlos läuft.

Ich gebe zu, diesem Text fehlt Struktur. Ich schreibe ihn so, wie er mir aus der Seele fließt, und wie ich ihn gestalten kann, ohne mich zu schlecht aussehen zu lassen, das gebe ich gerne zu. Aber an jenem Punkt auf dem Weg, als ich meine Frage stellte, bekam ich Antwort: Wenn ich geprüft werde, dann weil ich geprüft werden muss. Dann gibt es nur den Weg zu gehen, oder ihn abzubrechen. Ich entschied mich dafür, den Weg zu gehen, und bekam als Belohnung schon jetzt ein großes Geschenk. Nicht nur in meiner Familie und meinen Freunden fand ich viel Zuspruch und Hilfsangebote (was dramatischer klingt als die Situation überhaupt war), sondern auch von Menschen, bei denen ich nicht damit gerechnet habe. Einfach weil ich sie nicht gut genug kannte, um Rückhalt erwarten zu dürfen.
Für den Preis von ein paar marschierter Kilometer, für den Luxus, ein paar Tage auf mein Auto (unfreiwillig) zu verzichten, für den Canossa-Gang, mir doch keinen anderen Wagen zu besorgen, sondern um diesen zu kämpfen, erfuhr ich Unterstützung, Erkenntnis, Stärke.

Ich bin nicht sehr religiös, wie jeder der meinen Blog liest, wohl weiß. Aber ich habe die Bibel gelesen (bis auf die Psalme) und kenne mich noch einigermaßen gut in ihr aus. Auch glaube ich bis zu einem gewissen Maße an Gott. Nicht unbedingt weil man an irgendetwas glauben muss, sondern weil da etwas ist. Oder jemand. Vielleicht ist hier der Wunsch Vater des Gedanken, und eigentlich sehe ich mich grundsätzlich aufgeklärt. Aber ganz lösen von der Idee eines Gottes werde ich mich sicher nie. Not lehrt beten, und in der Not zu beten war für mich immer ein guter Anker. Alleine dafür lohnt es sich, die Existenz einer höheren Macht anzunehmen. Dennoch trenne ich Religion und Wissenschaft rigoros.
Aber Erfahrungen wie jene Tage sind mir kostbar und wichtig. Und sie auf einen Gott zurück zu führen, der sich vielleicht gesagt hat: "Der Junge jammert zu viel, seinen Wunsch kann ich ihm nicht erfüllen. Aber ich kann ihm zeigen das er die Kraft hat, den Wunsch selbst zu erfüllen.", ist ein interessanter Gedanke.

Letztendlich ist mein spiritueller Weg nicht besonders breit und lang; ich gehe ihn selten. Aber von ihm vertreiben lassen werde ich mich nicht. Und ihn Kreationisten, Intelligenten Designern, Hasspredigern oder diesem Koranverbrennendem Trottel in den USA überlassen - kommt überhaupt nicht in Frage. Ich gehe meinen eigenen Weg, habe meinen eigenen Glauben und finde meine eigenen Prüfungen. So wie jeder andere Mensch auch. Vielleicht aber bin ich etwas glücklicher, weil ich das begriffen habe, und weil andere gar nicht wissen, dass jeder Mensch seinen eigenen Weg gehen muss - im Leben und zu Gott, anstatt vorgefertigten Meinungen nachzulaufen...


Na, Schwamm drüber. Nächstes Mal gibt es mit Sicherheit keine religiösen Weisheiten von Ace. Aber ab und an möchten auch andere Facetten meiner Persönlichkeit im Licht scheinen. Dies war einer dieser Momente.
Mein Dank an alle, die bis hierher mitgelesen haben.
Ace

2 Kommentare:

Subtra aka DJ Dimension hat gesagt…

Vll färb ich ab, war ich es nicht der dich zuerst mit solchen Persönlichen Dingen beschäftigt hat? Ich mein ich hab auch meinen Teil an ähnlichen Texten XD

Ace Kaiser hat gesagt…

Wer weiß? Inspiration ist eine tückische Sache.