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Dienstag, 25. September 2012

Iran schränkt freies Internet ein...

...und das bedeutet im Umkehrschluss, dass er bis dahin ein freies Internet gehabt hat. Und das halte ich doch für eine bemerkenswerte Aussage, ebenso wie den nicht besonders diskreten Hinweis, dass jeder Iraner mit ein wenig Wissen über die Problematik mit einer Umleitung, Proxy genannt, ruckzuck wieder auf die gesperrten Seiten zugreifen kann.

So, so, der Iran hat also Google Mail gesperrt, was zugleich Youtube-Zugriffe unmöglich macht. Und auch Facebook soll drunter leiden. Und dann plant der Iran anscheinend auch noch ein nationales Internet, so wie es bereits China versucht, indem es chinesische Alternativen für Youtube, Google und Facebook propagiert.
Was wieder im Umkehrschluss heißt: So etwas haben sie noch nicht.
Ja, ich weiß, ich klinge hier recht Iranfreundlich, und das obwohl Außenminister Westerwave gerade erst in der Tagesschau aus New York verlauten ließ, man "müsse die Schrauben der Sanktion fester ziehen", weil der Iran sein Atomprogramm immer noch nicht offenlege. Übrigens der gleiche Mist, den die Regierung Netanjahu herbei schreit und einen Erstschlag fordert, bevor Obama wiedergewählt wird. (Hoffentlich wiedergewählt wird.) Es liegt relativ nahe, dass Regierungschef Netanjahu, der mit sozialen Protesten im eigenen Land zu kämpfen hat, ohne Unterstützung durch die USA einen solchen Schlag nicht wird ausführen können, ohne ein großes Debakel zu produzieren.
Es liegt auch ebenso auf der Hand, dass trotz Netanjahus unversöhnlicher Haltung, trotz der von ihm geschürten Befürchtungen, Menschen aus Israel und aus Iran sich z.B. per Facebook seit Monaten gegenseitig versichern, dass man einander eben nicht angreifen will. Weder den Iran per Luftschlag, noch Israel mit einer Atombombe. Iran loves Israel.

Was auch noch auf der Hand liegt? Sehr moderate Töne von Präsident Ahmadinedschad, der zum Mohammed-Video, das an der Teilabschaltung Schuld sein soll, gesagt hat, dass die Regierung Irans grundsätzlich alle Aktionen verurteilt, die die religiösen Gefühle und Ansichten aller (wohlgemerkt ALLER) Menschen verletze. Zugleich wird er zitiert: Ebenso verurteilen wir jede Form von Extremismus.
Erstaunlich, dass ich das ausgerechnet beim Focus gefunden habe. Das klingt jedenfalls nicht nach dem "Irren von Teheran", wie uns Präsident Ahmadinedschad z.B. von BLÖD bisher verkauft worden ist. Das klingt nach jemandem, der es zwar nicht gerne sieht, wenn man ein peinliches Propaganda-Video gegen den Islam dreht, aber deshalb nicht gleich ein Kopfgeld auf den Macher aussetzt, wie ein gewisser pakistanischer Eisenbahnminister.
Der Mann bleibt also sachlich und nachvollziehbar. Muss ganz klar ein Fehler in der westlichen Medienzensur sein.
Was allerdings funktioniert hat, das ist, in unseren Medien - nicht im Internet - den Eindruck zu erwecken, die Welt des Islam würde jetzt Kopf stehen, und die Demonstrationen gegen das Video würden noch den arabischen Frühling toppen.
Tun sie nicht. Nicht mal ansatzweise. Das hat Professor Megan Reif empirisch bewiesen.

Tja, was bleibt zu sagen? Ich hoffe, dass der Iran bei fast zwanzig Millionen Facebook-Profilen im eigenen Land den Quatsch bald mal lässt, und dass die chinesischen Hausdienste den Chinesen trotzdem weltweiten Zugang gewähren.
Ich hoffe auch, dass mal handfeste Beweise auf den Tisch kommen, das iranische Atombombenprogramm betreffend, sodass ich Netanjahu, Westerwelle und Co. nicht länger für Propagandisten halten muss. Selbst Obama sagt ja nur, wenn sie das Programm hätten, müssten sie davon abgebracht werden...
Nichts wird so heiß gegessen, wie es gekocht wird, und die westlichen Medien kochen gerade auf starker Flamme. Aber, meine lieben Fernsehsender, Zeitungen, Illustrierte und Magazine: Wir leben im Zeitalter des Internets, das zwar viele Gefahren bietet, aber noch mehr Chancen. Zum Beispiel die Chance, sich unabhängig von Euch zu informieren, wenn Ihr tendentiös und sachlich falsch berichtet.
(Das wäre ja nicht schlimm, wenn das nicht auch noch Radikalismus schüren würde. Geez.)
Und wenn Ihr das weiterhin tut, könnte sich irgendwann der Gedanke durchsetzen, dass man Euch nicht braucht. Und was soll ich sagen? Freie Blogger betreiben jetzt schon neben einer Menge nichtssagender Seiten auch qualitativ hochwertige Nachrichtenblogs mit besserer Recherche, als gut für Euch ist.
Falls auch mal bei uns Teile des Internets abgeschaltet oder gefiltert werden sollen, weiß ich dann wenigstens, was der echte Grund sein könnte.

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